Mittwoch, 19. September 2018

Reiner und das Fragdrache-Format (31.07.18)



Der Ventilator möhrt auf Hochtouren und Bummsdi hockt auf dem Sofa, zu neuen Nutzlosigkeiten bereit.
Der helle Schweiß steht ihm auf der Stirn, weil er schon vor Aufnahmebeginn die Patschehändchen, zu Pommesgabeln verkrampft, auf Brusthöhe halten musste. Kaum hat er die Begrüßung absolviert, lässt er sie ächzend sinken, uff, was ne Anstrengung. Aber er will sich ja für dieses Frageformat, dieses Feuerwerk der Selbstdarstellung, auch extra anstrengen.

Anstrengend sind diese Fidios eigentlich nur, weil der Leselümmel sich dabei mit monoton sonorer Stimme durch kurze Fragen hindurchbuchstabieren und dabei verzweifelt versuchen muss, nicht WAS zu sagen, immer wenn das Spatzenhönn die Laute, die da aus dem Gesichtsarschloch quallen, nicht problemlos zu bekannten Wörtern zusammengerendert kriegt. Für Reiner bedeutet lesen, dass Reiner Reiner zuhören und verstehen muss, was der da sagt. Das fällt schon normal intelligenten Zuhörern bisweilen reichlich schwer, für Spatzenhirni ist es die reine Strafe.

Kuscheltiere kauft er sich noch? Ja wann denn? Wovon denn? Schon mit der ersten Antwort ist klar, dass der Schmalzaffe uns in diesem Fidio nach Noten die Hucke vollügen wird. Selbst so belangloser Dreck nötigt den Mastbommel zur Lüge –weil er alles wissen, alles können, alles haben muss. Kann ja nicht angehen, dass ein immerhin fast dreißigjähriger Fast-sowas-wie-Mann keine Kuscheltiere hat – Speckbeppo hat natürlich säckeweise davon!  

Und eine neue Lesestrategie hat er auch noch – er versucht erst gar nicht, Sätze zu modulieren, er liest einfach Wort für Wort ganz langsam und deutlich her. So gelingt es dem Schmandsack, zwei der drei nächsten Fragen korrekt vorzulesen, immerhinque.
Und ja scheißdochrein, der Öloger will mal wieder unglaublich lustig und selbstironisch sein. Das ist immer besonders schwer auszuhalten. Erstens ist es ungefähr so lustig wie ein Poetryslam, zweitens auch ungefähr so authentisch und professionell vorgetragen und drittens wirft es die unklärbare Frage auf, was diese Aktion eigentlich soll. Glaubt der Käsekracher allen Ernstes, er könne damit Zuschauer für sich gewinnen? Wer ist eigentlich die Zielgruppe für dieses Format? 
Neuankömmlinge, die sich einen ersten und hoffentlich positiven Eindruck vom ach so sebstironischen Wurstwabbel machen sollen, werden auf jeden Fall nicht angesprochen: Dieses Format richtet sich nur an Zuschauer, die seine gesamte Hintergrundgeschichte in- und auswendig können. Denn wer irgendwas nachfragt, das schonmal vorgekommen ist, wird sofort heruntergeputzt.

Schwibbschwabbel hat keine Lust mehr, alles immer wieder sagen zu müssen. Er hat doch auch schon dausendmal bei ganz vielen Gelegenheiten zugegeben, dass er selbst Fehler gemacht hat, das muss doch langsam mal reichen etzadla. Welche das wohl waren, hat er bei keiner Gelegenheit gesagt. Es reicht die Generalbeichte „Scheiße gebaut“ zu haben und dann soll auch langsam mal gut sein. Schwibbschwabbel wäre nicht Schwibbschwabbel, wenn er der Erwähnung dieser mysteriösen eigenen Fehler nicht sofort ein „allerdings“ oder ein „aber“ folgen ließe (in dem haltlosen Gelüge, das er hier anstelle von interessantem Gehalt präsentiert, finden sich beide). Denn die anderen sind ja alle auch Scheiße. Und in Reiners Klüterkopp ist das immer noch die allerbeste Absolution: Er bleibt, wie er ist, er kann sich aufführen, wie er will, wenn nur die anderen auch „Scheiße baun“ und angefangen haben, das galt damals in der Baumschule schon, so hat ers abgespeichert als Gewissheit in seinem armen, dummen Knallkopp.  

Genau wie es nach wie vor als Selbstkritik gilt, wenn man einfach nur zugibt, beileibe nicht der Beste zu sein. Dann darf man auch die anderen kritisieren, die nämlich keine Effekte verwenden oder es gleich ganz unterlassen, sich im Weltnetz zum Obst zu machen. Wer so viel gesunden Menschenverstand mitbringt, möge bitte gleich das dumme Maul halten, der wird nämlich von unserem Suppengumbo gleich von vornherein ignoriert. Neuankömmlinge sind, wie gesagt, bei diesem Format nicht gefragt.

Alte Hasen aber auch nicht. Die sollen keine indiskreten Fragen stellen, die haben nämlich von unserem dicken, fetten Pfannkuchen in der Vergangenheit genau so viel erzählt und präsentiert bekommen, wie er preiszugeben bereit ist. Alles andere is Briwadsache, das geht keinen was an.

Stellt sich also wiederum die Frage, was denn eigentlich der Sinn dieses ganzen erzbekloppten Formats sein soll. Nur gut, dass der Zipfelklatscher selbst die Antwort darauf gibt, indem er per Einblendung (acht Fehler in 26 Wörtern, ja scheißdochrein) die Sorte Interview-Fragen einblendet, die er sich so vorgestellt hat und die sich sämtlich auf dem Niveau des Drachenlady-Gesprächs bewegen. Dass die Fragesteller da ähnlich stark in ihn verknallt sein müssten, wie der Suppengmubo in sich selber, kriegt er natürlich nicht in sein Spatzenhönn. Auf dem Planeten Reiner leben wohl tatsächlich Zuschauer, die sowas wissen wollen. Hageldumme Banalitäten, nach denen kein Hahn kräht eben. Und gleich zwei davon haben mit Kuscheltieren zu tun – da hat die erste Frage das Spatzenhönn wohl richtig in Renderlaune gebracht, das dauert noch ein Weilchen, bis es von diesem hochbrisanten Thema wieder loskommt. 
Im nächsten Schdriem taucht bestimmt ein ganz doll lustiges Kuscheltierchen auf – falls Schwippschwarti eins findet in dem ganzen Drecksgelumpe, das seinen Lebensraum bis an die Schmerzgrenze anfüllt. 

Es wird ja alles nicht besser. Zum Finale läuft der gute, alte Lügenlord dann noch mal zu Höchstform auf und während er krampfhaft Augenkontakt mit der Kamera hält, erzählt der Schandsack eine Räuberpistole des Inhalts, dass sein eiserner Heldenmut angesichts des unverdienten Hasses schon mindestens (mindestens!) einem seiner treuen Fenns das Leben gerettet hat, denn ohne den Durchhaltelord hätte der sich weggehängt.

Nicht genug, dass Ort und Zeit dieses lebensprägenden Ereignisses ihm nicht mehr geläufig sind – genausogut könnte er behaupten, das Ganze sei passiert, als er am Todestag seines Vaters auf dem Weg ins Waisenhaus war, um dort Spielsachen zu verschenken. Nein, darüber hinaus muss er sich mit dieser faustdicken Lüge auch gleich noch seine ganze erbärmliche Scheißexistenz schönlügen. Deshalb macht er weiter! Nicht, weil er ein erzblöder, bocksturer Knallkopp ohne Perspektive ist, der einfach keine andere Wahl mehr hat, nein, er ist ein Held! Seine Sturheit muss so, sonst sterben Menschen!  Rollo, Aller, man kann es sich wirklich alles nicht mehr ausdenken. 
 Andere fast Dreißigjährige können sich genau an den Ort und den Zeitpunkt erinnern, als sie die Beförderung erhielten, oder zum ersten Mal ihr Kind hielten, oder diese zwei geilen Negerinnen auf einmal weggeflankt haben oder was auch immer man so als Hochlicht der eigenen Existenz verbuchen kann. Unser Prallo hingegen führt ein so hundserbärmliches Drecksleben, dass ihm nichts anderes übrigbleibt, als auf die Frage nach dem schönsten Moment in dieser verlumpten und an die Wand gefahrenen Ranzexistenz eine faustdicke Lüge zu erfinden, die nicht etwa das Mitleid des Hörers erregt, sondern ob ihrer frechen Selbstherrlichkeit einfach nur das Blut ins Auge treibt und nicht nur dorthin. Rollo, Aller, ihr könnt das nicht sehen, aber ich sitz hier mit ner Wutlatte. Kannste dir nicht mehr ausdenken, godverdomme.

Doch, der Speckbeppo, der kann. Er kratzt sich kurz am Kopf, sobald die Lüge fertiggerendert ist, aber dann wird ganz ohne Hektik weitergelogen. Dabei steigert sich Bummsdi so sehr in die erstunkene Mär von der eigenen Standhaftigkeit und Edelsinnigkeit hinein, dass er noch einen improvisierten Kindermutmach-Sermon ins Netz kobert. Vollends zufrieden damit, was für ein großartiger Kerl er doch ist, attestiert er sich danach noch alle Qualifikationen eines Motivationstrainers.
Endlich eine Stelle in diesem Dreck, die nicht heillos zusammengelogen ist. Ja, Motivationstrainer wäre einer der wenigen Jobs, die Reiner durchaus hinkriegen könnte. Wenn er nur nicht so abstoßend hässlich wäre, der stinkende Schmandschmock. 

Möglicherweise ist der Sinn dieses ganzen Elends ja auch nur, dass die Talgkanaille dringend einen kleine Boost gebraucht hat. Sich ein wenig zurückziehen in eine kuschlige Traumwelt voll niedlicher Plüschtiere, in der es keinen Rudi mehr gibt, in der er als menschenrettender Held gefeiert wird und Heerscharen von Bewunderern ihn Fan-Trivia auf Schülerzeitungsniveau abfragen. Passt ja dazu, dass er eine Frage nach seiner Traumwelt beantwortet – und natürlich wieder lügt dabei, denn dieses Fidio ist die Traumwelt, die er sich errichtet hat und die er um jeden Preis gegen die böse Realität verteidigen will.

Und wenns sein muss, dann eben mit Gewalt: Also dem anderen Freßklötsch, diesem schlitzäugigen Abschaum mit der Mödchenstimme nochmal Schläge androhen und dann wars das aber auch. Uff, anstrengengend. Die Laune hebt sich merklich, als der Schmonzenz endlich, endlich vorbey ist. Dabei könnte alles so schön sein auf dem Planeten Reiner. Wenn er dazu nur nicht immer so viel lesen müsste, godverdomme.

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