Freitag, 16. November 2018

Reiner und Biancer



Bummsdi hat Besuch. Rollo, Aller, er hat wirklich und wahrhaftig Besuch, den auch die anderen, gesunden Menschen sehen können und der nicht nur in seinem armen, dommen Knallkopp existiert. Es ist wirklich und wahrhaftig ein anderer Mensch in Inneren der Schimmelschanze; das gab es ja schon seit Jahren nicht mehr, seit der guhde Benn seine Puppenlappen und seine drei Groschen zurückverlangt hat und tief beleidigt nach Haus gegangen ist.
 
Jaguuut, ein Mensch, von mir aus – aber was für einer. Eines von den Exemplaren, die glauben, bei Ferngesprächen müsse man brüllen wie nicht ganz gescheit, um die Distanz zu überbrücken, die nicht wissen, wie Präpositionen funktionieren, die ganz ohne Spaß das synthieverseuchte Panflötengetute irgendwelcher Möchtegern-Eingeborener für „geile Mugge“ halten. Ein ganz und gar erbärmliches Geschöpf, das angerauchte Kippen wieder aus dem Aschenbecher fischt und nochmals entzündet, das schon damit heillos überfordert ist, ein volles Glas grade zu halten und sich nicht so zu bewegen, als hätte sie ihre Gliedmaßen aus zweiter Hand von einem Tierpräparator erworben. Eine von der Sorte, deren zahllose Fehler und dommen Entscheidungen unauslöschliche Spuren hinterlassen haben auf dem ungesund gealterten Gesicht, das insgesamt so aussieht wie ein Schlachtfeld, auf dem Gendefekt und hageldicke Dommheit sich getroffen haben zu blutigem Strauß. 

Das ist Biancer, durch und durch mindere Sorte, eine so veritable Sperrmüllmulle, dass sie selbst Matrosen beim Landgang nach Monaten auf hoher See noch Geld zustecken müsste, bevor sie mit aufs Zimmer darf. Als Reiner geboren wurde, war sie wohl schon süße Siebzehn und ist von den drei seither verflossenen Jahrzehnten mehr als nur a weng gebeutelt, angeschlagen und in Mitleidenschaft gezogen. Die Haare sind bereits auf breiter Front auf dem Rückzug und wie schlimm die Kauleiste aussieht, lässt sich nicht genau ermessen, weil Bummsdis Bambusleitung den gnädigen Mantel der Verpixelung über das himmelschreiende Elend breitet. Der Anblick ist insgesamt so dermaßen und abgrundtief traurig, dass er beim Betrachter das dringende Bedürfnis erzeugt, unverzüglich und nachdrücklich Schnaosgift ins System zu schmettern, bis zwar keine Freude aufkommt, die erdrückende Tristesse aber wenigstens erträglich wird.

Ist ja nicht so, als wäre man damit allein. Biancer selbst hat ja auch schon orrnlich vorgelegt. Um der Wahrheit Genüge zu tun: Sie ist eigentlich sogar rappelvoll bis Oberkante Unterkiefer, so herrlich und heillos besoffen wie weiland der legendäre Eh Mallah. Schanzenluft macht wohl durstig, godverdomme.

Und wie das legendäre Vorbild muss auch Binacer ersma die gehaltvolle Cola auf den Teppich kippen, verursacht dann – leider dem Blickwinkel der Kamera entzogen – irgendwelchen scheppernden Sachschaden, wirft beim Versuch, den eigenen windschiefen Leib neben das Arschgebirge auf die Ranzcouch zu zwängen, klöterklöter ein paar vorher zügig geleerte Bierflaschen um und zeigt derweil eine ebenso hartnäckige wie enthusiasmierte Weigerung sich anders als aus Leibeskräften brüllend mitzuteilen. Wer will ihr das auch verargen, so oder so kapott. Wenn man sich aus lauter offenbarer Hageldommheit plötzlich innerhalb der Schanze wiederfindet, ist sicherlich das Bedürfnis nachvollziehbar, sich die Folgen dieser jüngsten Erzblödheit nach Leibeskräften und in Windeseile schönzusaufen.

Unser dicker, fetter Pfannkuchen hält indes nicht mit. Muss er ja auch nicht. Er ist ja von der eigenen Grandezza schon wie besoffen und thront mehr auf dem Ranzsofa, als dass er säße, die Arschbacken des Arschgesichts verzerrt von einem so selbstgefälligen Grinsen, dass man es mit einer Dachlatze wegwischen will.

Ganz nonchalant will er sein, der Speckbeppo. Ganz betont unaufgeregt und beiläufig, als sei es das alltäglichste Ereignis der Welt, dass irgendwelche fremden Weiber durch sein Spielwohnesszimmer fallen, denn immerhin kehrt ja auch seine sagenhafte Freundin häufig genug bei ihm ein. Leider verdirbt der alkoholschwangere Radau, den Biancer veranstaltet, die Überraschung schon viel zu früh – bleibt also nur, eine linkische Umarmung im Sitzen zu inszenieren, Schulter gegen Schulter, vermutlich auch deshalb, weil sonst die Wedelärmchen nicht mehr um Biancers windschiefen Leib und den eigenen Wanst passen würden. 

Umarmung plus der Handkuss, den Schwibbschwabbel, der selbsterklärte Mittelalter-Experte, seinem darob eher verdutzten Besuch angedeihen lässt, sollten doch wohl reichen, den Tschett die Vermutung äußern zu lassen, es sei wirklich und wahrhaftig die sagenumwobene Drachenfreundin zu Gast.
Ja scheißdochrein, so rotzevoll ist die Trümmerlotte dann aber doch nicht, diese Vermutung unkommentiert stehen zu lassen und Funken verbliebener Weiberschläue, ein Restchen gesunden Menschenverstandes reichen aus, entsprechend zu reagieren: Nein, zusammen sind sie nicht, natürlich nicht, auf keinen Fall, das wär ja widerlich.

Und wie auf Kommando verschwindet das Grinsen aus Schandsacks Arschgesicht.

So hat sich der Bummsdi das nicht gedacht, dass Biancer die Bombe einfach so mir nichts, dir nichts platzen lässt, da wär aber mehr drin gewesen. Unter Garantie hätte der Speckarsch die Vermutung nur zu gern im Raum stehengelassen, hätte beziehungsreiche Andeutungen gemacht, um den heißen Brei herumgeredet und sich insgesamt gesonnt in seiner Wunsch- und Traumrolle als großer Manipulator und Leutehereinleger.  

Damit ists nun Essig, godverdomme, was muss die Ollsch auch so rettungslos besoffen sein, das Herumkrakeele geht ihm auch schon mählich auf den Sack und zu allem Überfluss bricht jetzt auch noch der Schdrihm ab. Insgesamt ist dieser Einblick ja dankenswert kurz, es gibt ja eigentlich auch nichts zu tun und nichts zu sagen. Angeben will er, der Prahlprallo, dicketun will er sich, der Dickarsch, alle, alle sollen es sehen: In der Schanze ist heut Mullenalarm.

Vorbei und vergessen die edelsinnigen Vorbehalte des hauptberuflichen Mobbingopfers, der alle kleinen Nutzer des Weltnetzes von sich fernhalten will und muss, damit die nicht kapottgehäidet werden, vorbei und vergessen das hundserbärmliche Gebaren, mit dem der Kappeskopp seine aus Arroganz und Sturheit gewachsene Isolation zur heldenhaften Allein-gegen-den-Rest-der-Welt-Pose umlügen wollte, vorbei und vergessen auch jede Versicherung, nie und nimmer Kontakt zum eigenen Publikum aufzunehmen.

Und so sicher wie Tod und Steuern hat dieser Gesinnungswandel damit zu tun, dass Bummsdi irgendwo unter den Billotextilien, die von Biancers ungeschlachtem Leib herabhängen, ein wenn auch übelstinkendes, so dennoch veritables Fickloch wittert. Und der Wunschwubi vom Schauerberg hat offenbar wider alles bessere Wissen immer noch nicht die Hoffnung aufgegeben, dereinst sein ebenso übelstinkendes Fischpimmelchen in ein solches hineinzupraktizieren, der arme, domme Knallkopp.

Und der Wanstwubi wäre nicht der Lustlord, wenn er nicht ohne Umtände zügig zur Sache käme, und zwar mit dem ganzen Charme, den der HErr der Heerscharen einer Mongolenhorde verliehen hat, oder einer Dampfwalze. Im Laufe einer einzigen Viertelstunde versucht unser fetter Treibauf es zunächst mit einer Anzüglichkeit, nur um dann bei der erstbesten sich halbwegs bietenden Gelegenheit sofort zudringlich zu werden. 

Doch so viel Schnaosgift hat selbst der Teufel nicht gemacht, dass irgendein Weib auf der Welt sich fände, diesem eklen Ansinnen nicht sofort und nachdrücklich Einhalt zu gebieten. Nahkampfklopsi wird von der kreischenden Biancer jedenfalls instant gekorbt und später noch mit Kissen beworfen, sodass er die Schmach verinnerlicht und nicht vergessen möge. Abgeblitzt bei einer stinkbesoffenen Sperrmülltrulla, Rollo, Aller, ein neuer Tiefpunkt ist erreicht. Und so vor den Kopp geschlagen ist selbst unser Prallarsch nicht, dass er das nicht mitbekäme und deshalb bei der Kissenschlacht auch nicht mit dem rechten Herzblut bei der Sache ist.

Kann natürlich auch sein, dass Biancer besoffen und blöde genug ist, Reiners Lügerey über seine Drachenfreundin zu glauben und ihn daran erinnern will, dass er in festen Händen sein und seine wabbligen Hände von ihrem windschiefen Leib lassen soll. So oder so, der Kissenwurf und die schmerzliche Erinnerung an diese besonders erbärmliche Episode in Reiners kapottem Leben sind ein direkter Angriff auf das Zentrum des Lustlords, man sieht förmlich, wie der Späher Angst kriegt und immer noch kleiner wird.

An diesem Punkt der Entwicklung angelangt, verliert der dicke, fette Charmebolzen dann auch zusehends jedes Interesse an seinem Besuch. Statt weiter krampfhaft zu versuchen, an Biancers abgetakelter Physis herumzuschrauben, schnappt er sich lieber sein Henndi und daddelt a weng darauf herum, während Biancer neben ihm eine Art Siegestanz aufführt, oder von der Kirmesindianer-Deppenmusi in ekstatische Zuckungen versetzt wird. In diesem Augenblick sieht es auf dem Sofa wirklich aus wie Hochzeit in der Bethelwerkstatt: ein griesgrämiger, grotesk aufgedunsener Arschsack und eine abgetakelte Schnaosdrossel, die sich freut, mit Zichte an im Warmen zu sitzen, auch wenn das Warme nach Eierschiss stinkt, und beide wirken, als wüssten sie nicht so richtig, wie sie eigentlich dort hingelangt sind. Man kann es sich einfach nicht und nicht ausdenken. 

Im Gegensatz zum Verlauf des weiteren Abends nach dem endgültigen Schdriemabbruch. Den kann man sich ausdenken, man will es aber nicht. Dass Biancer den Rest der Bierkiste zeitnah vernichten wird, nebst sämtlichen Alkoholika, die sich irgendwo in den Trümmern von Reiners Restleben noch aufspüren lassen, darf als ausgemachte Sache gelten. Dass sie nach diesem Gelage nicht mehr den Versuch unternehmen wird, den PKW in das eigene Restleben, den Schoß ihrer bedauerns- wie beklagenswerten Familie zurückzusteuern, lässt sich ebenfalls annehmen. Dass die angebliche zweifache Mutter abends um halb neun nichts besseres zu tun hat, als einen landauf, landab berüchtigten fetten Doofarsch heimzusuchen und sich dort rettungslos vollaufen zu lassen, legt wiederum den Schluss nahe, dass sie auch am nächsten Morgen keine als allzu dringlich verspürten Verpflichtungen daran hindern werden, ersma ihren Rausch auszuschlafen, und zwar nach wie vor in der Schanze. Und natürlich wird der Lustlord keine Einwände dagegen haben, die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. 

Und wenn auch eine schließlich bis zum Umfallen besoffene Biancer nicht aufhören wird, seinen Avancen Widerstand zu leisten, wird sie ja doch irgendwann die Bewusstlosigkeit übermannen. Und dann hat Reiner endlich Gelegenheit, die Billotextilien beiseite zu schieben und sich endlich, zum ersten Mal in seinem Leben, eine echte nackte Frau aus der Nähe anzuschauen.

Vielleicht schießt er auch noch ein paar schöne Bilder, zur Erinnerung. Vielleicht packt er dazu gar den Späher aus.  Vielleicht gelingt es ihm sogar, den der Biancer ein Stück ins offenstehende Schnarchmaul zu schieben. Oder er steckt ihn ihr ins Ohr, wer weiß das schon, wer will das auch so genau wissen.

Mit Sicherheit weiß man nur eins: Das wird böse enden, godverdomme.