Ei, der Reiner: so viel Mühe hat er sich seit Jahren
nicht gegeben. Das Vogelnest links und rechts an den Kanisterkopp geklebt und
die Fransen rings ums Lügenmaul frisch gestutzt hockt er mal nicht im eigenen
Unrat vor den Trümmern seines Restlebens, sondern vor dem Denkmal der
Nutzlosigkeit und der falschen Entscheidungen, dem legendären Grienschkriem.
Sieht natürlich immer noch aus wie ein in der Behindertenwerkstatt lackierter Totalschaden,
aber Reiner wäre nicht Reiner, wenn bei ihm nicht die Anstrengung schon als
Erfolg gälte.
Zu Beginn des Gesprächs ist unser Suppengmobu noch a weng
aufgeregt, entspannt sich aber sichtlich, sobald er feststellt, dass er im
Ernstfall sein Gegenüber auf einen Haps verschlingen könnte. Und dann ist ja
das Programm, das dieser bebrillte Glatzengimli abspult, einfach nur zum
Mäusemelken. Ja, ganz richtig, so führt
man ein Interview: Man stellt möglichst offene Fragen, die das Gegenüber zum
Erzählen animieren. Aber das ist kein gewöhnliches Interview, du blöder
Glatzengnom, sagst du doch selbst am Anfang. Wenn man Reiner einfach so
erzählen lässt, salbadert er herum, kommt vom Hundertsten aufs Tausendste und
sagt immer nur Sachen, die er schon hundertmal geübt hat. Da hört er sich
selbst nicht mehr richtig zu. Das kann er dann noch, der Hutzelmann: Nach jedem
Sermon, der ihm da aus Meddlfrangen entgegenschwallt einfach nochmal nachhaken,
damit unser dicker, fetter Pfannkuchen nochmal ansetzt, sich mit schönster
Regelmäßigkeit selbst widerspricht und mal eben das Gegenteil von dem raushaut,
was er nur Minuten vorher gesagt hat.
Dieses Phänomen ist nun aber beileibe nicht neu und kann
schon deshalb nicht als „Njuhs“ fungieren. Und der Hirni, der da nachhakt, ist
natürlich auch nicht in der Lage, Reiner auf die Widersprüche festzunageln, die
ihm da am laufenden Meter präsentiert werden – vermutlich, weil er selber schon
nicht mehr in der Lage ist, dem galoppierenden Reinerblödsinn noch wirklich
aufmerksam zu folgen.
Ist ja nun auch nicht so, als würde das Rheinland solche
Menschensöhne hervorbringen, die für rasche Auffassungsgabe oder
bemerkenswerten Geistesreichtum bekannt wären, im Gegenteil. Bei diesem
Exemplar haperts ja schon am Satzbau und an der Hochlautung. Bauernpack,
godverdommtes. Wenn sich im limburgischen Erbfolgestreit man bloß der von
Geldern durchgesetzt und unter den bergischen Mistbauern gräuliches
Strafgericht gehalten hätte, unserem schönen Land wäre viel Arges erspart
geblieben.
Nein, insgesamt ist dieses Gespräch nichts fürs Regal.
Unser Prallsack haut die altbekannten Lügen raus und gerät dabei nicht groß ins
Schwitzen, sie kommen richtig routiniert. Und wenn er sich mal verhaspelt,
kriegts der Glatzengimli nicht mit.
Man kann Reiner zugute halten, dass die Lügen immerhin
größtenteils Kategorie B sind, also Unwahrheiten, die er selber schon so lange
erzählt, dass er sie vollkommen verinnerlicht hat und gar nicht mehr mitkriegt,
wie erstunken und erlogen das alles ist: Die Häider werden weniger, sind aber
Schuld an seiner Misere, die aber gar keine ist, weil seine Internetkarriere
ihm Spaß macht. Er hat echte Fenns. Er plant eine Anti-Mobbing-Aktion, bei der
prominente Mitstreiter im Boot sitzen werden. Mobbing ist furchtbar, aber ihm macht
das alles nichts aus, weil er der unbesiegte Kampfsportlord ist. Was unser
Knallkopp halt so erzählt, wenn jemand stillhält. Zwischendurch muss er hie und
da mal gequält aufstöhnen, aber insgesamt bleibt er einfach im Fahrwasser.
Neu – oder immerhin nicht schon völlig ausgelutscht -
sind eigentlich nur zwei Dinge:
1.) Erdbeerchen: Ist natürlich immer schwierig, aus den
Reinerlügen das Körnchen Wahrheit zu extrahieren. Aber es hat ja den Anschein,
als sei damals zwar ein gemeinsamer Schdrihm geplant gewesen, aber eben nur
einer, in dem Erdbeerchen sich als Drachenfreundin präsentieren sollte/wollte.
Das wäre womöglich recht glimpflich abgelaufen: Wubi präsentiert sein
Erdbeerchen und kriegt dann leif keinen Liebesschwur, sondern eine böse Abfuhr.
Aber statt sich einfach nur so demütigen zu lassen,
besteht Reiner im Gegenzug für sein Einverständnis zum gemeinsamen Schdrihm
(und dem damit verbundenen Risiko, aufs Dach zu kriegen) auch gleich auf dem
Heiratsantrag. Auch ne Strategie: Wenn man richtig schlechte Karten hat und
befürchten muss, zu verlieren, einfach den Einsatz erhöhen. Kann man ja mal
machen – jedenfalls, wenn man ein fetter, unterbelichteter Knallkopp ist, der
eh nichts mehr zu verlieren hat.
2.) Der Leiffelsbursche: Ja, so funktioniert Kategorie B.
Unser Suppengobmu kann sich einfach keinen Fehler eingestehen, sondern muss die
Dinge so drehen, dass er keinen Fehler begangen hat. Den Leiffelsburschen samt
Presseausweis brüllend von der Schanze zu jagen, war ein arger Schnitzer. Da war
unser Prallsack endlich so weit, einen Fuß in die Tür zu kriegen bei den
Medienmöngis, denen die Koouuuln schön locker in der Tasche sitzen (müssen sie
ja auch nicht erwirtschaften, kriegense ja vorn und hinten reingeblasen, die
Kanaillen, die ganz und gar vermaledeiten, mögen ihnen allen die Winzpimmel
schwarz werden und unter Schmerzen abfallen): Richtiger, echter Wolfram-Dreh in
Klön und dann noch Weiterverwertung im Funk-Programm. Weiter hats Hengameh auch
noch nicht geschafft. Aber unser Prallsack wäre nicht unser Prallsack, wenn ers
nicht jedesmal zielsicher versemmeln tät. Bei Wolfram aus der Sendung
geschnitten, stinksauer und in seiner Eitelkeit tief getroffen, dann können sie
ihn alle mal, die Drecksfotzen von den ÖR, basta! Und dem Leiffelsburschen
bleibt nichts anderes übrig, als stattdessen die Pferdefotze zu interviewen
(die dafür später von Reiner auch nochmal gehörig ihr Fett weg kriegt) und noch
jeden anderen Altschauerberger mit seiner Hackfresse zu behelligen, der bei
drei nicht wieder auf dem Baum seinem Fickschwein ist.
Als Reinerle dann, natürlich, als es längst zu spät ist,
bemerkt, welche Chance sich als das arme Opfer zu generieren er da brüsk
abgewiesen hat, könnte ihn die Reue packen – also spintisiert und lügt er sich
stattdessen eine Version der Realität zusammen, in der er alles richtig gemacht
hat. Der Leiffelsbursche, das war eh ein böser Häider, weil nämlich seine
Nummer in Reiners Hendi „geblockt“ war, genau! Außerdem ist er sich inzwischen
ganz sicher, dem Leiffels seine hässliche Rübennase vorher schonmal im Ort
gesehen zu haben. Immerhin ist unser erzblöder Prallsack ja sehr gut darin,
Menschen zu erkennen (Dorian, du blöder Wichser, Aller) und wenn dann noch so
eine markante Erscheinung wie der Leiffels, der ja mitnichten nur noch so viel
Profil hat wie ein Ralleyschlappen nach achtmal Paris-Dakar, vor der Schanze
„Radau macht“, dann speichert Reiners fotografisches Gedächtnis ihn sofort in
der Häiderkartei ab. Todsicher. So wird’s gewesen sein.
In den finstersten Stunden, wenn der Gedanke an die
eigene Misere die Schweinsäuglein zum Schwitzen gebracht hat, muss diese
Version der Dinge entstanden sein, die das eigene Versagen mal wieder
erträglich macht.
Mal wieder. Inzwischen dürfte unser Narzissmuslord recht
versiert darin sein, die eigenen Räuberpistolen zu glauben, dann lässt sichs
leichter leben.
Gegenstand der nächsten Fiktion dürfte wohl der
pflichtvergessene Ordnungshüter Müller sein. Als dem armen Opfer Reiner die
bösen Mobber von allen Seiten auf die Pelle rückten, ergriff dieser Kretin
nicht etwa Partei für den Genmobbten, sondern für die Mobber, verwies auf deren
Status als Eingeladene und zog unter Gejohle von dannen. Nach seinem Abgang
dürfte wie damals schon vermutet die Rumba erst so richtig losgegangen sein.
Das hat unserem armen Fetti dann doch arg zugesetzt: Die
bösen Häider kriegen von der Lolizei carte blanche ihn zu drangsalieren.
Da hats bestimmt auch wieder Augenschweiß gesetzt.
Zur Strafe wird’s nie wieder Bosder geben. Nie wieder.
Also, bis ihm mal wieder irgend eine unvorhergesehene
aber lebenswichtige Reparatur ins Haus steht, weil er wieder mal irgendwas
Essentielles kapottgespielt hat, unser dicker dummer Knallkopp. Dann sind die
bösen Häider wieder willkommen, um die Koouuuln dazulassen, die der Fetti so
dringend braucht, der immer nur sein Leben leben und von niemandem abhängig
sein will.
Ein erzfauler Bettler stilisiert sich als Musterbeispiel des
Selbstbestimmten, kannste dir doch echt nicht mehr ausdenken.