Damals auf dem
Altsprachlichen war DrOll heftig verliebt in ein Mödchen aus gutem Hause.
Konnte er sich natürlich gleich abschminken. Hat er aber nicht gleich gemacht.
Gestern hat er
in einem Moment persönlicher Schwäche, die in letzter Zeit häufiger sind, als
er es selber wahrhaben will, den Namen dieses Mödchens in seine Internetz-Suchmaschinenmaske
getippt. Ein schwacher aber deutlicher Trost, dass aus dem Mödchen auch nichts Rechtes
geworden ist. Ein schon etwas älterer Eintrag wies sie als Veranstalterin
sogenannter „Poetry-Slams“ in einer süddeutschen Kreisstadt aus. Auf einem
„Poetry-Slam“ war DrOll noch nie und kennt auch keinen, der zu sowas hinginge
und wird auch niemals hingehen, weil er dafür die edle Dichtkunst und seine nicht
minder edle Muttersprache viel zu lieb hat.
Jedenfalls
präsentierten das Mödchen und ihre Mitstreiter sich im Netz auf so verkrampfte
Weise als chic und hip und achweißgottwas, dass man der ganzen fürchterlichen
Chose eigentlich nur ansah, wie wenig chic und hip und sonstsozeugs diese
ganzen Frei- und Teilzeitdichter eigentlich sind. Diese Unmodigkeit war ja auch einer der
Gründe, warum sich DrOll als JungDrOll zu diesem Mödchen hingezogen fühlte.
Ihre poetischen
Ambitionen nimmt er ihr jetzt übel. Sie ist eigentlich schlau genug, um zu
wissen, dass es eine unverzichtbare Voraussetzung dafür gibt, lesenswerte
Literatur zu produzieren: Man muss dafür einiges an Unbill verkraftet haben und
immer mal wieder rechtschaffen unglücklich sein.
Instinktiv wissen das sogar so
talentbefreite Schmieranten wie zB Durs Grünbein und werden deshalb nicht müde,
ihre lückenlos auf der Sonnenseite des Lebens verbrachte Vergangenheit in eine
Leidensgeschichte umzulügen.
Das Mödchen aus DrOlls Vergangenheit aber ist von Unbill unberührt. Sie ist so privilegiert und folglich so edel und
erhaben, dass sie vermutlich all ihr Lebetag noch nie eine Tiefkühlpizza
gegessen hat.
Was eine Tiefkühlpizza
ist, weiß wohl ein jeder. Immerhin sind ja genug davon im Umlauf.
Geht man
davon aus, daß eine handelsübliche Tiefkühlpizza ungefähr 1/3 kg wiegt, ergibt
sich durch die Aufrechnung der letztjährigen Produktionsmasse in Tonnen auf die
gesamtdeutsche Bevölkerung ein durchschnittlicher Pro-Kopf-Verbrauch von pro
Jahr einem knappen Dutzend Tiefkühlpizzen.
DrOll weiß, dass
diese Statistik rechnerisch richtig, aber bedeutungstechnisch der pure Quatsch
ist. Deutsche unter zwölf haben kein Geld und Deutsche über 60 kein
Verdauungssystem für Tiefkühlpizza. Als Käufer und Esser kommen nur Leute
zwischen 15 und 60, also pi mal Daumen nur die Hälfte aller Deutschen in Frage,
was den durchschnittlichen Pro-Kopf-Verbrauch auf eine Pizza alle 14 Tage
verdoppelt.
Als Aldi-, Real-
und Rewekunde kennt DrOll allerdings das Kaufverhalten des typischen Tiefkühlpizzaessers
recht gut, was ihn zu der Annahme bewegt, dass diese Tiefkühlpizzaesser entweder mit schöner Regelmäßigkeit ihren Halbjahresbedarf in einem einzigen Einkauf erledigen, oder dass eben der
Durchschnittskonsum der Tiefkühlpizzaesser ungefähr das Sechsfache des
errechneten Durchschnittswerts beträgt.
Das hieße, dass der
Durchschnittsdeutsche eben nur hin und wieder mal eine Tiefkühlpizza verzehrt,
während es eine Subpopulation deutscher Tiefkühlpizzaesser gibt, deren
regelmäßiger Konsum den Löwenanteil der Produktion aufbraucht. Diese Population
würde, geht man wie gesagt von drei Tiefkühlpizzen pro Mann pro Woche aus,
ungefähr ebenso groß sein wie die Anzahl der Deutschen, die ihren Lebensunterhalt
von Transferleistungen bestreiten müssen. DrOll liebt es, wenn eine Rechnung
aufgeht.
DrOll hat etwas
gemeinsam mit dem Edelmödchen aus seiner Vergangenheit. Nicht nur die
Schreiberey, sondern auch die Tatsache, dass sie beide keine Tiefkühlpizzen
essen. Überhaupt keine. DrOll meidet Tiefkühlpizzen wie der Muselmann das
Mettbrötchen. Ihm bedeutet der regelmäßige Konsum von Tiefkühlpizza einen
sicheren Indikator für mangelnden Selbstrespekt. Die eigene Ernährung lässt man
nicht zum Opfer des inneren Schweinehunds werden. Wer Tiefkühlpizza kauft,
begibt sich auf denselben Weg wie der Trinker, der irgendwann von einem
Gläschen zuviel in guter Gesellschaft oder einem großen Cognac erst nach dem
Essen -irgendwann auch schon nach dem Brunch- dazu übergeht, den Durst mit
Weizenkornbrand aus dem untersten Regal zu stillen, für dessen Verzehr nur
spricht, dass er unerreicht billig ist und schön besoffen macht. Oder auch: Wer
Tiefkühlpizza kauft, weil er zu faul ist, sich eine anständige Mahlzeit
zuzubereiten, ist alsbald auch zu faul dazu, den Weg vom Bildschirm zur
Toilette zurückzulegen und pisst tagsüber in leere Punicaflaschen, die neben
dem Lümmelsessel stehen.
DrOlls Verzicht auf
Tiefkühlpizza geschieht also aus demselben Grund, aus dem das Edelmödchen
seinerzeit auf DrOll verzichtete: reiner, unverfälschter Dünkel.
Fühlt gut.